Weite

Der Blick über die Hochfläche bei Feckenhausen ist wie immer grandios. Er ist weit, aber nicht endlos. Weitere Erhebungen und der Wald begrenzen die Fläche. Man sieht deutlich mehr als im Wald, aber doch nicht überall hin.

Nach dem Schatten und der angenehmen Kühle im Wald ist die Weite wohltuend. Ich gehe am Rand eines Gewitters entlang. Es donnert, aber ich bekomme keinen Tropfen ab.

Schnell verlasse ich die Hochfläche wieder und gehe den Waldweg bergab zum Jungbrunnental.

Meine neue Herausforderung muss ja nicht das Ende vom Lied sein. Sie wird, wie die Hochfläche, ihre Grenzen haben. Und ich werde sie jederzeit wieder verlassen können. Warum also zweifeln???

Kapelle

Kurz nach dem Genuss der Aussicht halte ich bei der Kapelle inne. Ich begrüße „meine“ Maria.

Maria wurde einst berufen, etwas Großes in die Welt zu geben. Es mag sich vermessen anhören, aber auch ich bin irgendwie berufen worden. Meinen aktuellen Beruf hätte ich mir nie selbst herausgesucht. Nein, der Beruf hat mich gefunden. Wie die Jungfrau zum Kind bin ich zu dieser neuen Station auf meinem Weg gekommen.

Ich bitte um gute Begleitung und gehe weiter…

Aussicht

Oben angekommen, verweile ich am Aussichtspunkt Dissenhorn. Es ist gut, nach der Anstrengung in die Weite zu schauen. Der zurückgelegte Weg sieht nicht spektakulär aus, eher harmlos.

So könnte es sein, wenn ich die berufliche Herausforderung annehme…

Den steilen Weg scheue ich nicht. Und die Aussicht ist wunderbar. Soll ich es wagen?

Steil bergauf

Heute möchte ich endlich wieder einmal die Dissenhornrunde gehen. Es ist kühl genug, dass Nina, meine alte Hundedame, den Weg schaffen wird.

Wie möchte ich zum Dissenhorn aufsteigen? Gehe ich den „normalen“ Weg über die Treppen? Oder vielleicht doch den direkteren Weg über den Hang durch die Wiese?

Von unten sieht letzterer Weg gut begehbar aus. Also entscheide ich mich für den kürzeren, schnelleren, aber steileren Weg nach oben.

Nur das erste Stück ist gemäht. Dann wird die Wiese hoch. Nina muss sich durch ganze Klettenstränge kämpfen. Wir bahnen uns einen Weg ganz am Rand, denn ich möchte keinen Schaden anrichten. Es ist mühsam.

Doch die Mühe ist nur kurz, aber heftig, dann kommen wir oben an. Viel schneller, als wären wir außen herum gegangen.

Ich bin mit diesem Weg einen Stück meiner beruflichen Perspektiven gegangen. Es gibt eine große Chance für mich, ganz nach „oben“ zu kommen. Der Weg dahin wird nicht einfach sein. Soll ich ihn gehen?

Im Tunnel

Entgegen aller Erwartungen betrete ich kein schwarzes Loch, sondern einen grünen Tunnel.

Das Grün umhüllt mich. Ich fühle mich geborgen. Wie verzaubert ist das Licht. In dieser grünen Hülle kann mir nichts etwas anhaben.

Am Ende sehe ich schon wieder Licht. Ich darf den Tunnel durchqueren, geschützt, eingehüllt. Dann trete ich wieder in die Helle, in das weiche, goldene Abendlicht.

Hätte ich mich von dem scheinbar schwarzen Loch abschrecken lassen, wäre mir diese schöne Geborgenheit versagt geblieben…

Weg in die Dunkelheit

Der Weg, abendlich beleuchtet, geht in die Dunkelheit. Wie ein schwarzes Loch steht der Eingang in den Wald vor mir.

Schreckt mich das schwarze Loch? Nein, es macht mich neugierig. Ob es wohl dahinter weitergeht? In welche Richtung? Wie wird der Untergrund sein?

Je näher ich komme, desto weniger schwarz ist der Eingang in das Gebüsch. Das schwarze Loch weitet sich zu einem einladenden Eingang in einen grünen Tunnel.

Nicht alles, was zunächst dunkel und abschreckend erscheint, ist so schwarz…

Weg am Abend

Ich gehe den gemähten Grasweg entlang des Linsenbergweihers. Es ist Abend. Das Licht ist ganz anders als vormittags.

Vormittags wie abends steht die Sonne schräg. Das Licht jedoch unterscheidet sich elementar. Morgenlicht ist weich, hell und verheißungsvoll. Abendlicht taucht alles in warmes Gold.

Alles, was am Tage geschehen ist, wird in Gold getaucht. Das Dunkle, Schwere des Tages wird überglänzt. Es ist nicht mehr wichtig.

Wir dürfen es abgeben – in Gold getaucht.

Abendstimmung

Es ist ein wunderbarer Juliabend. Die Luft ist frisch, die Natur summt, brummt und zwitschert. Alle Pflanzen recken sich zum Abendhimmel.

Abend ist auch Abschied. Abschied von einem Tag. Wir lassen den Tag noch einmal Revue passieren. Was haben wir heute gemacht? Mit wem bin ich zusammengetroffen? Was hat mich erfüllt? Was war vielleicht schwer? Gibt es etwas, das ich morgen anders, besser machen möchte?

Auf den Abend folgt die Nacht. Wir dürfen uns erholen und Kraft tanken für den nächsten Tag.

Wie ist das am Lebensabend? Wofür tanken wir am Ende Kraft?

Fülle

Wie ein undurchdringbarer Dschungel sieht mein Garten von hier vorne aus.

Auf den zweiten Blick erkennt man in diesem Durcheinander eine gewisse Ordnung. Einzelne Pflanzengruppen sind erkennbar. Jede darf sich viel Raum nehmen, um sich auszubreiten.

Jede Pflanze hat ihre Daseinsberechtigung und darf sich in ihrer ganzen Schönheit präsentieren.

So entsteht diese Fülle. Das Auge sieht sich kaum satt daran…

Verweilen

Es ist einer dieser heißen Juniabende. Ich sitze unter dem Flieder und verweile.

Wer gönnt sich das schon? Einfach zu sitzen und nichts zu tun? Man tut niemals nichts. Ich denke nach, genieße den Garten mit allen Sinnen. Es duftet, das üppige Grün lässt die Augen fast überlaufen, die Vögel singen ihre Lieder. Hier und da fällt ein verblühtes Blütenblatt auf mich. Das Gras unter meinen Füßen fühlt sich weich an.

Ich verweile – ohne Ziel oder Zweck. Nur um des Verweilens selbst.