Die Sonne

Mit meinen bisher nur wenigen Kräften mache ich mich auf eine Runde beim Linsenbergweiher. Die Sonne scheint, es ist warm und frühlingshaft. Das Gehen fällt heute erstmals weniger schwer als in den vergangenen Tagen.

Plötzlich muss ich an meine liebe Klasse denken, die ich nach dem vergangenen Schuljahr abgegeben habe. Die Situation am Beginn des täglichen Hauptunterrichtes kommt mir in den Sinn – und eine Melodie. „Die Sonn‘ bewegt das All…“ Wieso muss ich ausgerechnet jetzt daran denken? Innerlich singe ich dieses Lied, das wir fast zwei Schuljahre lang jeden Morgen gesungen haben. Nachdem ich die Melodie einige Male durch habe, fällt meine Aufmerksamkeit auf den Text:

Die Sonn‘ bewegt das All, und lässt die Sterne tanzen.

Bist du nicht selbst bewegt, gehörst du nicht zum Ganzen.

Dieses Zitat von Angelus Silesius wurde wunderbar von meinem geschätzten Musikprofessor Stefan Ronner vertont. Als Kanon ist es ziemlich schwierig und wir haben erstmals ein Morgenlied nicht als Kanon gesungen.

Aber was sagt mir das? „Bist du nicht selbst bewegt, gehörst du nicht zum Ganzen.“ Was das mit mir zu tun hat? Im Moment bin ich in der Eisstarre, nicht bewegt. Und da wundere ich mich, dass ich aus der Gesellschaft herausgefallen bin? Zuerst nur durch meine Nicht-Beschäftigung, dann noch mehr durch meine Bronchitis.

Wenn ich nicht selbst bewegt bin, gehöre ich nicht zum Ganzen. Ich kann in Selbstmitleid versinken, trübsinnig werden, wenn ich nichts tue, wird nichts besser. Leicht gesagt, das weiß ich ja…

Der Tag ist einer der schlimmsten, die ich seit meinem Abtauchen hatte. So langsam bekomme ich doch Angst, dass ich in eine Depression rutsche. Das muss ich verhindern und einen Weg finden, wieder Kraft zu bekommen und aufzutauchen. Dann kann die Sonne mich wie die anderen Sterne auch wieder tanzen lassen.

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