Wetter

Heute gehe ich bei grauem, mit vielen dicken Wolken verhangenem Himmel los. Schon nach einigen Metern fängt es an zu tröpfeln. Ich gehe durch die Unterführung der Bahn und auf der anderen Seite den Berg hinauf. Oben angekommen, fängt es an stark zu regnen. Immer eisiger werden die Tropfen. Wind kommt auf. Auf der Höhe muss ich ein Stück direkt gegen den Wind gehen. Igitt! Fast waagerecht befeuern die Eiskristalle mein Gesicht. Es brennt wie Nadelstiche.

Zuerst bin ich versucht, mich einfach umzudrehen. Ich könnte auch in eine andere Richtung gehen. Aber dann überkommt mich plötzlich Trotz. Nein, von so einem bisschen Wetter lasse ich mich doch nicht unterkriegen! Energisch stapfe ich weiter und setze mein Gesicht der Befeuerung aus. Schließlich muss ich lachen. Wie schön! So spüre ich, dass ich lebe! So spüre ich meine Grenzen ganz genau. Wann sonst nehmen wir unsere natürliche Grenze, die Haut, so intensiv wahr? Es tut weh, also bin ich.

Kurz vor dem Linsenbergweiher hört es auf. Die Wolken werden heller und formen schöne Gebilde. Am Weiher angekommen, reißen die Wolken auf und durch dieses Loch scheint die Sonne. Alles ist wie verzaubert. Der Schnee-Eis-Schauer hat die Landschaft überzuckert. Alles glitzert und funkelt. Das Licht ist warm und weich. Ich bade regelrecht darin.

Schon nach einigen Minuten ist der Zauber verflogen. Es regnet wieder. Aber ich trage noch das schöne Licht in mir. Es wärmt mich von innen. Der Wind hat nachgelassen, so dass der Regen mir nichts anhaben kann. Ich konzentriere mich auf die sehr glitschigen Wege.

Kurz vor Göllsdorf hört der Regen wieder auf. Die Sonne schafft es jedoch nicht, ein Wolkenloch zu finden. Dann fallen kleine, weiße Körnchen vor mir auf den Boden. Es graupelt bis ich fast wieder daheim bin. Wie lustig die Körner springen!

Die letzten Meter bis daheim gehe ich durch hellgraues, ruhiges Wetter. Ganz friedlich, als ob nichts gewesen wäre…

Dieser Spaziergang war ein Querschnitt durch das ganze Wetter, durch alle Situationen, die man im Leben erleben kann. Dazu muss ich nichts schreiben. Jeder verbindet etwas mit den verschiedenen Wetterereignissen. Aber ich konnte wieder einmal feststellen, wie wichtig die innere Haltung ist. Hätte ich mich über Eis, Schnee, Regen und Graupel aufgeregt, hätte ich den Zauber nicht wahrnehmen können. Im Gegenteil, alle Wettersituationen waren besonders. Und ich trug das Licht und den Zauber des sonnigen Abschnitts in mir. Das kann mir keiner nehmen!

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