Mut

Was für ein bescheuerter Tag heute! Ich wache schon mit dem Gefühl auf, dass ich alles nicht schaffen kann. Was in der kommenden Woche so auf mich zukommt, ist ganz schön erdrückend.

Adventsfenster am Montag. Wer soll da schon kommen, wenn es regnet und windet?! Wann soll ich überhaupt alles vorbereiten? Andrea und ich sind ja noch zum Kaffee eingeladen. Und morgen soll es schon losgehen. Der Sperrmüll muss aus meinem ehemaligen Keller hoch getragen werden. Einige ehemalige Schüler haben sich bereit erklärt, mir zu helfen. Wie soll man den ganzen Müll in der Gasse lagern, wo doch Weihnachtsmarkt ist?! Meine Sternstunde am Donnerstag. Wahrscheinlich kommen die Leute, die schon zugesagt haben, doch nicht. Warum sollten sie auch?! Was habe ich schon zu bieten?! Und mein Blog. Wer will den schon lesen?! Eigentlich könnte ich auch alles sein lassen.

Ich stehe auf und schaue in die NRWZ. Gleich ganz vorne ein riesiger Artikel einer Rottweiler Trauerberaterin. Was will die denn da? Das ist doch mein Job! (Falls die betreffende Dame dies lesen sollte: bitte nicht persönlich nehmen. Ich schreibe hier nur meine Gefühle auf. Es ist toll, dass es Menschen gibt, die eine solche Arbeit machen!) Sehr motivierend.

Draußen ist es grau, nass und sehr windig. Und da soll ich laufen gehen?! Blöde Idee! Nina steckt auch nur ihre Nase aus der Terrassentür. Bei solchem Wetter jagt man doch keinen Hund vor die Hütte!

Trotzdem ziehe ich meine Thermohose und den Anorak an und überrede Nina und meinen inneren Schweinehund, nach draußen zu gehen. Ich hatte mir schließlich vorgenommen, die Runde über das Dissenhorn und Feckenhausen zu gehen. Aber vorher muss ich noch tanken gehen.

An der Tankstelle treffe ich beim Bezahlen auf eine frühere Schülerin, die ich im Gartenbauunterricht hatte. Sie ist nicht mehr an der Schule, freut sich aber sichtlich, mich zu sehen. Eine schöne, ganz kurze Begegnung. Etwas froher steige ich ins Auto und fahre nach Göllsdorf.

Wenn man schließlich draußen ist, sieht es nicht mehr so dunkelgrau aus, wie wenn man aus dem Fenster schaut. Es regnet nur ganz leicht und der Wind ist auch nicht sehr stark. Etwas positiver gestimmt mache ich mich auf den steilen Weg zum Dissenhorn. Auf etwa halber Höhe drehe ich mich um – und sehe die Sonne leicht durch die dicken Wolken scheinen. Sie sieht eher aus wie der Mond, aber es ist definitiv die Sonne. Wie schön! Und wie mutig! Die Sonne ist immer da. Sonst wäre es nicht Tag. Von keinen Wolken lässt sie sich entmutigen. Sie scheint einfach. Es liegt an uns, ob wir sie sehen können oder nicht – und an den Wolken…

Der Weg bergauf ist heute beschwerlich. Immer wieder muss ich stehenbleiben. Trotzdem schaffe ich es in nicht viel längerer Zeit als sonst bis nach oben. Obwohl es nicht sehr gemütlich ist, habe ich das Bedürfnis, in die Kapelle zu „meiner“ Maria zu gehen. Nur kurz.

In der Kapelle sitze ich auf der Bank und versuche, mich etwas zu entspannen. Eine Meditation wäre jetzt unmöglich, aber etwas Ruhe täte mir schon gut. Ich versuche, mich nur auf mich selbst und meinen Atem zu konzentrieren. Es gelingt mir nicht. Dafür nehme ich wahr, wie draußen das Wetter tobt. Es regnet, windet, rauscht. Wie gemütlich habe ich es hier in meinem kleinen Schutzraum doch!

Ich bin nicht nur durch die Kapelle geschützt. Die geistige Welt umgibt mich immer und schützt mich ebenso. Wohlig sitze ich einfach in dieser Schutzhülle und freue mich an der Geborgenheit. Ich möchte am liebsten ewig so sitzen.

Ewig geht aber nicht. Also raffe ich mich irgendwann auf und gehe weiter. Das Wetter ist gar nicht so schlimm, wie es sich von drinnen angehört hat. Es ist sogar sehr angenehm im Wald. Der Wind wird von den Bäumen abgehalten. Gegen den Regen schützt mich meine Kleidung. Hatte ich bisher meinen Gehrhythmus noch nicht gefunden, so stellt er sich nun ein. Immer leichter gehe ich voran. An der Gabelung entscheide ich mich, heute nicht nach Feckenhausen und über die Hochfläche zu gehen. Heute ist Wald angesagt. Schützender, Geborgenheit gebender Wald. Inzwischen macht mir das Laufen wieder richtig Freude. Was für Gedanken habe ich mir nur heute Morgen gemacht?! Wie konnte ich so zweifeln?!

Ja, das ist Mut. Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, nie zu zweifeln. Mut bedeutet, diese Ängste und Zweifel zu überwinden, sich ihnen zu stellen – in festem Glauben daran, dass man beschützt und geborgen ist. Ohne dieses tiefe Wissen hätte ich die letzten Jahre sicherlich nicht mit so viel Entwicklung überlebt und stände nicht an dieser Stelle. Mutig kann man nur sein, wenn man auch Angst, Unsicherheit und Zweifel erlebt. Diese mit Hilfe von „denen da oben“, vom Team aus der geistigen Welt, von den uns umgebenden Menschen zu überwinden, macht uns stark.

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