Erster Gang zum Strand

Obwohl wechselhaftes Wetter angesagt ist, empfängt mich die Ostsee ganz ruhig plätschernd und mit von der Sonne glänzenden Wellenrändern. Ich begrüße die Ostsee, sie begrüßt mich wie eine liebe Freundin.

Ich gehe Richtung Süden. Mein Plan ist, zum kleinen Leuchtturm zu gehen, dann auf den Wiesen zu meiner Birke. Diese Strecke wird genug sein, da meine Kondition nach der schweren Bronchitis einfach noch nicht gut ist.

Beim Gehen muss ich immer wieder tief ausatmen. Alle schlechte Luft muss aus meinen Lungen weichen. Bis sich die Lungen besser anfühlen.

Da es in den letzten Tagen hier stürmisch gewesen war, liegen viele Steine und Muscheln im glatten Sand. Ein Stein „springt mich an“. Ich muss ihn aufheben. Er ist wie ein Schatz. Ein Stückchen Treibholz, ein weiterer Stein. Muscheln sind kleine Wunderwerke der Natur. Meine Jackentasche füllt sich.

Immer mehr solcher Schätze sehe ich beim Weitergehen. Für die Menschen, die Hiddensee nicht kennen: Man findet nicht immer Steine und Muscheln an diesen Stränden. Die Strömung verläuft so parallel zum Strand, dass nur bei starkem Wind Schätze des Meeres angeschwemmt werden, wenn die Wellen weit auf den Strand schlagen.

Es ist wie in meinem Leben. Im Moment liegen die Schätze einfach herum. Ich muss mich nur bücken und sie aufheben. Aber welche dieser Kostbarkeiten sind die richtigen? Das wird meine Aufgabe hier auf der Insel sein. Ich muss herausfinden, wer und was ich bin, muss mich neu definieren. Denn ich bin in den vergangenen Monaten einfach verschwunden, bin nichts mehr.

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